Angeklagter bestreitet Tat

NEUMARKT. Die Anklagebank ist international besetzt: Wegen versuchten Totschlags muss sich seit Dienstag der 21 Jahre alte Grieche Nikolaos V. vor der Jugendkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworteten.

Dem Vietnamesen Nahat T.(21), den Montenegrinern Elvis M. (21) und Triton T. (19)sowie dem Türken Sanser C. wird gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Die blutige Schlägerei, die Gegenstand der Verhandlung ist, ereignete sich am Ostermontag vergangenen Jahres vor der Neumarkter Diskothek "Berlin" in der Ingolstädter Straße.

Am Vormittag des ersten von insgesamt fünf Prozesstagen wiesen alle Angeklagten jede Schuld von sich. Der mutmaßliche Haupttäter ließ durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Alois Kölbl, einräumen, dass er wohl einen Gast vor der Disko einen Fausthieb verpasst und mit dem Fuß getreten hat, nachdem dieser ein Bierglas nach ihm geschleudert und dabei getroffen hatte. Für einen anschließenden Stich mit einem spitzen Gegenstand, vermutlich ein Messer, will der angeklagte Student nicht verantwortlich sein.

Diese Attacke brachte dem Opfer eine drei Zentimeter lange und mindestens zehn Zentimeter tiefe Stichwunde im Bauchbereich bei, die eine Eröffnung der Bauchhöhle, eine Perforation des Lungenfells und eine Verletzung des Dickdarms zur Folge hatte und die – laut Staatsanwältin – ohne weiteres zum Tod hätte führen können.

Den Mitangeklagten wird vorgeworfen, auf das bewusstlose Opfer eingedroschen und eingetreten zu haben. Auch davon wollen drei Beschuldigte nichts wissen, wie sie teilweise selbst erklärten oder durch ihre Rechtsvertreter vortragen ließen. Der vierte schweigt.

Interessant scheint noch zu werden, ob einer der Angeklagten zu Unrecht beschuldigt wird. Er trug jedenfalls vor, von der tätlichen Auseinandersetzung nichts mitbekommen zu haben, weil der Sicherheitsdienst die Türen versperrte, während draußen zwischen "Berlin" und der Gaststätte "Kaiser" Fäuste und Messer sprachen. Er sei zu diesem Zeitpunkt "eingesperrt" gewesen.

Falls das zutrifft, dass die Türen einer Diskothek bei laufendem Betrieb verschlossen werden, so wäre das unverantwortlich. Der Gedanke an eine Panik darf einem da nicht kommen.

Am Nachmittag sollten die ersten Zeugen Licht in das Dunkel jener verhängnisvollen Nacht bringen. Vom "Schlüssel-Zeugen", dem verletzten Ali K., der als Iraker das internationale "Parkett" komplettierte, erhoffte sich das Jugendschöffengericht klare Details, die dieser aber schuldig blieb. Seine stundenlange, mit hampelnden Bewegungen durchsetzte Aussage, ließ sich so auf einen einfachen, wenn auch nicht einleuchtenden Nenner bringen: Er habe zwar verspürt, dass ihm die Stichverletzung Nikolaos V. beigebracht hat, aber gesehen habe er ihn dabei nicht.

Welche Spuren die Stichverletzung im Körper des Angegriffenen hinterließ, relativierte die behandelnde Ärztin im Klinikum. Um sich einen Überblick über die Schädigungen im Bauchbereich zu verschaffen, mussten die Operateure den Schnitt auf zehn Zentimeter verlängern. Bereits am 29. März – also vier Tage nach der Einlieferung – konnte Ali K. das Klinikum bereits wieder verlassen. Jetzt klagt er allerdings noch über eine Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit, was allerdings – so auch der beigezogene Gutachter– erst durch ein weiteres Gutachten glaubhaft gemacht werden kann.

Die zu der Schlägerei herbeigerufene Polizei maß der nächtlichen Keilerei offenbar keine übermäßige Bedeutung bei. Den als letzten Zeugen des ersten Verhandlungstages – Fortsetzung am Mittwoch, 11. Februar – gehörten Streifenbeamten interessierte mehr der Führerschein des Fahrers eines roten Alfas, der von der Weinbergerstraße in die Feldstraße einbog. Dieses Fahrzeug stand aber offenbar in Zusammenhang mit der vorausgegangenen Schlägerei, deren Beteiligte sich schon weitgehend "vom Acker" gemacht hatten. Ein Alko-Test wurde daher auch nicht mehr durchgeführt.

Für die nächsten Verhandlungstage – insgesamt sind es noch vier – hat das Gericht noch eine Vielzahl von Zeugen geladen. Ob deren Aussagen aber ergiebiger sind, bleibt abzuwarten.
Erich Zwick
03.02.09
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