Drogen-Diebe gefoltert


Im Gerichtssaal: Robert T. und André W. sowie...
NEUMARKT. Wer bisher annahm, Neumarkt sei weitab von der Drogenszene, der musste sich am Dienstag vor der Jugendkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth eines Besseren belehren lassen. Auf 22 Seiten hatte der Staatsanwalt die Vorwürfe gegen drei Angeklagte aufgelistet, die im September vergangenen Jahres einen wahren Rauschgift-Terror in der Großen Kreisstadt ausübten.

Auf der Anklagebank saßen der 18jährige wohnungslose André W., der 22jährige Robert T. aus Neumarkt und der gleichaltrige Schrotthändler Matthias K. aus Berching. Ihnen wurde zur Last gelegt, mit 1.100 Ecstasy-Tabletten schwunghaften Handel getrieben oder zum Handel Beihilfe geleistet zu haben.

Außerdem sollen sie gemeinsam, nachdem aus dem Erddepot des angeklagten André W. am Bahndamm bei Pölling 500 Tabletten verschwunden waren, den angeblichen Dieb und einen weiteren Verdächtigten zusammengeschlagen, zur Herausgabe von Geld, einer Playstation und der gestohlenen Ecstasy-Tabletten erpresst, mit einem Messer bedroht und auf dem völlig nackten Körper eines ihrer Opfer eine brennende Zigarette ausgedrückt haben. Außerdem musste der Gepeinigte einen am Schlossweiher gefundenen unbekannten Pilz essen, worauf er sich erbrach.


... Matthias K. (Gesichtspartien verfremdet)
Fotos: Erich Zwick
Im Vorfeld der Verhandlung hatten bereits Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht eine Verständigung über das Strafmaß herbeigeführt. Bei allen drei Angeklagten sollte die Haft zwischen vier Jahren (bei Matthias K.) und vier Jahren und sieben Monaten (bei André W.) liegen. Damit hätte das Gericht in keine Beweisaufnahme einzutreten brauchen und den Zeugen ihren Auftritt ersparen können.

Beinahe wäre es aber noch zu zahlreichen Zeugen-Auftritten gekommen, da der Angeklagte K. mit dem drohenden Strafmaß nicht einverstanden war. Dies ließ er offenbar erst am Vortag der Verhandlung seinen Neumarkter Verteidiger Dr. Alois Kölbl wissen, der daraufhin sein Mandat niederlegte.

Nachdem der Staatsanwalt damit gedroht hatte, das Verfahren gegen Matthias K. abzutrennen und eine mehrtägige Hauptverhandlung mit Zeugenaufmarsch anzusetzen ("Ich habe Zeit und werde dafür bezahlt", so der Anklagevertreter) und der Vorsitzende Richter ebenfalls zu bedenken gab, dass sein Angebot nicht "unbeschränkt" Gültigkeit habe und schließlich der Spruch "mitgefangen - mitgehangen" in besonderer Weise für den Angeklagten gelte, gab dieser klein bei.

So blieb es bei dem vorher vereinbarten Richterspruch: Vier Jahre und sieben Monate Freiheitsentzug für André W., vier Jahre und sechs Monate für Robert T. und vier Jahre glatt für Matthias K.

Das relativ milde Urteil wird hoffentlich trotzdem eine abschreckende Denkzettel-Wirkung auf die Neumarkter Rauschgift-Szene ausüben.
Erich Zwick
18.10.05
neumarktonline: Drogen-Diebe gefoltert
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