Unter dem Mindestlohn ?


In Hotels und Gaststätten muss die Rechnung stimmen. Doch für einen Teil der Beschäftigten geht sie beim eigenen Lohn nach wie vor nicht auf. Das kritisiert die Gewerkschaft
Foto: NGG
NEUMARKT. Wenn der Chef den Mindestlohn prellt: Im Landkreis Neumarkt gibt es nach Meinung der Gewerkschaft "weiterhin Unternehmen, die ihren Beschäftigten weniger als die gesetzlich vorgeschriebenen 8,84 Euro pro Stunde zahlen".

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten verweist dabei auf eine Bilanz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim zuständigen Hauptzollamt Regensburg. In dessen Bereich leiteten die Beamten im vergangenen Jahr insgesamt 138 Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber ein, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben. Ob dabei explizit Unternehmen aus dem Landkreis Neumarkt betroffen waren, wurde nicht mitgeteilt.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft ist das jedoch lediglich die „Spitze des Eisbergs“. Die Dunkelziffer liege deutlich höher. „Es kann nicht sein, dass im dritten Jahr nach seiner Einführung noch immer viele Menschen unterhalb des gesetzlichen Minimums verdient haben“, kritisiert Regina Schleser, Geschäftsführerin der NGG Nürnberg-Fürth.


Wie groß das tatsächliche Ausmaß der Mindestlohn-Prellerei sei, zeige eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach erhielten im Jahr 2016 bundesweit rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn. Besonders betroffen sei das Hotel- und Gaststättengewerbe: Dort bekamen damals 38 Prozent der Mitarbeiter einen Lohn, der unterhalb des gesetzlichen Minimums lag, so eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung.

Gewerkschafterin Schleser beklagt zugleich eine mangelnde Kontrolldichte beim Zoll. Dies zeige gerade der Blick auf das Gastgewerbe. „2017 wurden im gesamten Bereich des Regensburger Zolls 191 Betriebe der Branche geprüft. Allein im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur jedoch 207 Hotels, Gaststätten und Restaurants“, so Schleser.

Bei der Zollstatistik beruft sich die NGG Nürnberg-Fürth auf eine Auswertung des Bundesfinanzministeriums für die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Grüne). Danach prüfte das Hauptzollamt Regensburg im vergangenen Jahr quer über alle Branchen hinweg insgesamt 1339 Arbeitgeber auf Schwarzarbeit, Lohn-Prellerei und Steuerhinterziehung. Für die Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn verhängten die Kontrolleure Bußgelder in Höhe von rund 11 Millionen Euro.

„Wir brauchen deutlich mehr Kontrollen, um betrügerischen Chefs das Handwerk zu legen“, fordert Schleser. Dafür müsse die Finanzkontrolle personell kräftig aufgestockt werden. Kein Verständnis hat die Gewerkschafterin für die Klagen der Arbeitgeber, die Dokumentationspflichten brächten zu viel Bürokratie. „Das genaue Aufschreiben der Arbeitszeit ist absolut nötig. Darauf schaut der Zoll bei den Kontrollen auch zuerst. Nur wenn die Arbeitszeiten erfasst werden, lässt sich Lohnbetrug verhindern.“

Das Mindestlohngesetz sei kein Papiertiger. Es sichere in der Region Tausenden Beschäftigten ein Existenzminimum.

Anfang kommenden Jahres steht die nächste Erhöhung des Mindestlohns an. Die NGG – zugleich Mitglied der Mindestlohnkommission – plädiert für ein deutliches Plus: „Aus 8,84 Euro muss rasch etwas Zweistelliges werden“, sagt Schleser.
22.05.18
neumarktonline: Unter dem Mindestlohn ?
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